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Vom ABC zum Sprachkunstwerk
– Ein Standardwerk zur deutschen Sprache
von Herrn W .E. Süskind

K. K. Bajun
Über dieses Buch zu schreiben, das ist uns ein Wagnis! Es anzupreisen macht uns im Herzen froh und doch recht bange. Denn dieses Buch setzt Maßstäbe. Es führt das Attribut „Standardwerk“ nicht nur im Titel – es ist eines! Glasklar geschrieben ist es und für jeden halbwegs gebildeten Menschen deutscher Muttersprache durchaus verständlich. Und hat er dann verstanden, und käme dieser Leser dann auf den Gedanken, diese Maßstäbe an unsere Landbotenbeiträge anzulegen – wir fürchten, erbarmungsloser Spott wäre uns armen Dilettanten so gut wie sicher.
Nichtsdestotrotz! Und sei es drum. Hier soll es darum gehen, einem wirklich guten Buch unseren publizistischen Beistand angedeihen zu lassen, um ihm die Ehre zu erweisen, die ihm gebührt. Ja, doch, wir empfehlen es aus ganzer und freudiger Seele!

Die deutsche Sprache pflegt Herr Fjøllfross mit einer gewaltigen, meisterlich gefertigten Orgel zu vergleichen, einem Instrument, dem Herr Mozart seinerzeit die Rolle der Königin unter allen Musikinstrumenten zusprach. Hunderttausende Pfeifen in Gestalt von Worten und Wortverbindungen, Satzstellungen und -kompositionen verleihen dieser besonderen Orgel „Deutsche Sprache“ einen vielschichtigen, feinfühligen und farbigen Klang. Wenn man sich ihrer zu bedienen weiß…
Einer ihrer Virtuosen heißt W.E. Süskind. Man kann, wenn man die Orgel einigermaßen zu spielen versteht, eine Fuga vom Meister Johann Sebastian Bach so spielen, daß das Publikum dabei einschläft, oder man kann so viel Feuer in das Spiel legen, daß den Zuhörern das Maul offen stehen bleibt und sie von den Tönen so berauscht sind, daß sie am Ende vergessen, wie man nach einer Zugabe verlangt.
Herr Süskind ist ein „Musiker“ von letzterem Schlage. Ein intimer Kenner seines Metiers, plaudert er zwanglos und erfrischend wie ein munterer Gebirgsbach über ein Sujet, das Generationen von Grammatikschülern in endlos drögen Paukstunden an den Rand der Verzweiflung trieb. Während er scheinbar staubtrockenen Begriffen wie „Hauptwort“, „Zeitwort“, „Partizip der Vergangenheit“ oder „Superlativ“ ein rosenblütiges Leben einhaucht, während er diese Sinn- und Inhaltsträger durcheinander krabbeln läßt wie Ameisen, umherschwirren wie Bienen – um sie letztenendes in wunderbarer Harmonie zusammenzufügen – das trieb uns zur Ekstase! Ein Grammatik- und Stilkundebuch verschlungen wie Herrn Defoes „Robinson Crusoe“ oder die Kriminalgeschichten des Sherlock Holmes! Wo gab’s denn so was schon mal?
Und wieder und wieder würzt er seine Erklärungen mit lebendigen Beispielen. Er klatscht in die Hände, und die Worte, die seine Ausführungen untermauern sollen, kommen angetrabt wie eine Schar dienstbeflissener Lakaien! Hier spricht ein souveräner Herrscher in seinem Reich! Wo nur nahm der Mann all dieses Wissen her, woher den unerschöpflichen Fundus seiner Exempel?
Herr Süskind, der Gestalt gewordene Antipode aller vertrockneten Oberlehrer, aller Dogmatiker mit erhobenem Zeigefinger, nimmt uns mit auf eine spannende Reise durch das vom blendenden Prospekt versteckte Werk dieser Riesenorgel, zeigt uns die Verbindungen, Regeln, Seilzüge, Abhängigkeiten und geheimen Gelenkverbindungen hinter den allgemein bekannten Manualen und Pedalen. Wir erfahren so nebenbei, welche Pfeifen unweigerlich mitertönen, wenn man diese oder jene Taste anschlägt, was gar zu Disharmonien führt und zu schlechtem Stil.
Und wir merken, welch ein Wunderwerk uns die anheimgaben, die uns diese Sprache lehrten. Wie wir uns selbst erst durch ihren Gebrauch erfahren dürfen, ja, wie wir unsere eigene Persönlichkeit bereichern können, indem wir uns im Gebrauch dieser herrlichen Wortkunst täglich üben und zu vervollkommnen trachten.
Wer mit diesem Instrument fahrlässig oder gar schludrig umgeht, der verdient nicht, es benutzen zu dürfen. Und verflucht sei die Journaille, deren Teil doch ist, diesen Hort, dieses gewaltige Kulturgut, diesen unermeßlichen Schatz sorgsam zu hüten und die ihn preisgeben aus eigener Unbildung oder um einer verblödenden Leserschaft den Hof zu machen. Denn das sind Judasse, die um dreier Groschen am Kiosk willen die deutsche Sprache verscherbeln. Dabei entblöden Sie sich nicht, die faule Ausrede anzuführen, sie würden sonst von der Masse ihrer Konsumenten – von Lesern wollen wir hier bewußt nicht sprechen – nicht verstanden. Das Gegenteil ist der Fall: In seinem Kinderbuch „Ein Kolumbus auf der Havel“ läßt Peter Abraham einen polnischen Schiffer sagen: „Ein gutes Deutsch versteht man immer!“ Und weiß Gott, so ist es! Die, für die das nicht zutrifft, die, deren hirnloser Sprachgebrauch zu einem anarchistischen Gebrabbel und Gestöhne verkommen ist, weil ihre hohle Dummheit diese Orgel zu einer mißtönenden Maultrommel degeneriert, diese Leute sollen sich in Rindviecher verwandeln lassen, auf die Weide gehen und grasen. Denn es tut nicht not, daß sich menschlicher Geist an sie verschwende! Eine Sprache ist etwas Organisches, etwas Lebendiges, etwas Liebe- und Pflegebedürftiges. Eine Sprache ist ein Altar, an dem eine Kulturnation opfern sollte um ihrer selbst willen. Rhetorik und Konversation sind hochachtbare Künste und zum Teufel mit einem Land, in dem selbst der Primus inter Pares keinen gepflegten und hörenswerten Satz mehr zustande bringt und das für die Hörer einzig Belustigende darin besteht, die peinlichen „äh’s pro Minute“ mitzuzählen.
Herrn Süßkinds Buch ist ein Leuchtturm im Ozean der Sprachverflachung und der damit einhergehenden, unvermeidlichen Volksverblödung.
Wer immer sich selbst etwas wert ist, der sollte Kurs halten auf diese strahlende Landmarke an den Gestaden der anspruchsvollen Literatur. Dieses Werk eines wahrhaftigen Philosophen der deutschen Sprache ist uns gleichzeitig ein unsinkbares Schiff, was uns dort hinträgt – wenn wir es nur wollen.


B 2. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004